Johannes Greger Widmung
1782
- 1864 dem
Herrn Karl August
1.
Es müht sich ohne Rast die Waldameise
In heil’ger Einsamkeit, ein Spiegel Allen,
Und bauet Weihrauch, gürtet Wohlgefallen
Und ihren Fleiß in regem Hügelkreise.
Und was sie sammelt dienstgewohnter Weise
An Schätzen in den wohlbewachten Hallen,
Sie opfert in der Düfte süßem Wallen
Es freudig wieder dar zu Gottes Preise.
So auf dem heimathlichen Helikone
Wollt’ einen Weihrauchtempel ich erbauen,
Mit duft’gen Lorberbäumen ihn umgränzend.
Daß ihrer Zweige goldsmaragdne Krone
Dem Vaterlande sprosse ruhmerglänzend,
Umarmt’ ich liebend jeder Mühe Grauen!
2.
Erlauchter Graf, Der hochgestellt im Leben
Wie Sterne in des Äthers Lichtgebiet
Auf patriot’scher Bahn des Wirkens glüht,
Das freudig alle Herzen Dich erheben:
Zu Dir, Den Liederkränze schon umschweben,
Im Festodeon treuer Lieb’ erblüht,
Schifft meiner Muse Kahn her sangbemüht.
O huldgewogen nimm, nimm auf mein Streben!
Sturmnächtig tosend lag das hohe Meer
Mir auf der Liederfahrt oft ausgebreitet.
Ein Leuchtturm hat mich rettend durchgeleitet.
Ich sah am Himmel dienstgekrönte Zeichen,
Sah, wie der Sonne goldne Wiederkehr,
Dein Sternenschild in heil’gem Hain der Eichen.
Johannes Greger Entschuldigung
um
1800
Licht, Licht entdrängt sich in die ew’ge Runde,
Entsprudelt Wärme, Farbe, Schönheit, Leben,
Und treibt das Herz zu himmlischem Erheben,
Auflodernd ob der Gottheit Wonnekunde.
Blitz flammt herab aus weitem Wetterschlunde.
Ihm stürzt der Donner nach; die Gründe beben,
Ein feierlich Bezeugen kund zu geben,
Wie Alles wirkt im großen Weltenbunde.
Wald, Feld und Luft, sie haben ihre Sänger.
Lebendig eilt in engern Wellenringen
Die Quelle, wie der Strom, ein Fensendränger.
Lebendig, wie im Lenz die Knospen springen,
So muß (ich sträube mich bei Gott nicht länger!)
So muß auch ich des Herzens Lieder singen!
um
1800
Was umspannt die Sternenhöhen
Mit des Ruhmes Strahlenschwingen?
Was gibt Harmonien ein Klingen,
Die von Pol zu Pole wehen?
Muse, wo mag Eden stehen,
Daß ich mir es kann erringen
Und in Götterlust besingen?
Komm’ und laß uns dorthin gehen!
Und sie flog aus Sternenauen,
Hielt im Arm ein Zauberbild,
Reicht es mir, es anzuschauen.
Welch Entzücken, hier zu wohnen!
Denn ich sah das Land, wo mild
Ludwig und Therese thronen!
um
1800
Ein mächt’ger Herzdrang hebt mich auf die Höhen,
Wo reine Lüfte Lebensfrische wehen,
Und hehren Stolzes eine Eiche pranget,
Von der ein Zauberton mir hergelanget.
Und in den Zweigen lauschen luft’ge Feen;
Denn drinnen eine goldne Lyra hanget.
Die Aeste winken, näher hinzugehen;
Ihr Schatten mit Begeisterung umfanget.
Es tritt der Nymphe Gottheit aus der Eiche:
„Du schau’st, wie traut mit deutscher Kraft gepaart
Der Musentöne sanfter Reiz hier wohne!
Ein Orpheus lebt mir ja, der zauberreiche.
Deß Lyra mein beglückter Schutz bewahrt,
Dem Sänger Heil auf Bayerns Königsthrone!“
Johannes Greger Philipp
Wilhelm
um
1800 Herzog
von Bayern, Kardinal und Fürstbischof
Philipp Wilhelm, hoher Absproß edler Schyren!
Fürst der Kirche! Gott willst du gehorsam dienen.
Denn das Heil, in Jesus Worte dir erschienen,
Dränget dich, dein Volk in’s Himmelreich zu führen.
Knieend, betend vor dem Kreuz, dieß muß uns rühren.
Voll Beseligung im Herz und hehren Mienen
Schwebest du verklärt im Chor von Seraphinen.
Heil dem Lande, welches solche Herrscher zieren!
Wenn selbst Fürsten fromme Herzensdemuth lehren,
Sie, vom Strahlenglanz der Herrschermacht umgeben;
Frecher Spötter, muß es nicht auch dich bekehren?
Ja, nur im Gebet erblüht ein höh’res Leben.
Das Gefühl der Pflicht, die Gottheit zu verehren,
Muß uns über allen Erdentand erheben!
Johannes Greger Die
Fürsten von Lichtenstein
um
1800
Wie von Aeonen Eure Heldenahnen
In goldnem Tugendpanzer hell erglänzen,
So hemmen Euren Ruhm noch keine Grenzen.
Stets weiter schreitet Ihr auf Sternenbahnen.
Die Tapferkeit schwingt Eure Löwenfahnen,
Und schmückt sie mit des Sieges Lorberkränzen.
Kein andrer Glanz kann Euer Licht ergänzen;
Nur Thaten hehr an Eure Größe mahnen.
Auf dieses Lichtquells sonnenhellem Grunde
Ward Euer edler Namensstamm gebildet.
Er bringt das Hohe später Zeit zur Kunde.
Mit lichtem Stein seyd Ihr im Reich beschildet;
Aus edlem Demant ward die lichte Krone.
Ein Felsen steht Ihr an des Kaisers Throne!
um
1800
Drei
Sterne sind dir himmlisch aufgegangen
In fluthbestürmten Lebenslabyrinthen.
Mag schwarze Blitznacht dräuend niederhangen,
Dein Kahn weiß singend sichern Port zu finden.
Im Glauben ist des Himmels Licht empfangen.
Im Hoffen wird es heller sich entzünden.
Im Lieben willst du uns mit Gott verbünden,
Im Lieben du die ganze Welt umfangen.
Den Blick zum höchsten Urbild hingekehrt
Und schwingend der Begeist’rung heil’ge Fahnen:
Gigantisch schreitest du auf Sonnenbahnen.
Von Sphärenharmonien tanzhingerissen,
Weit stoßest du zurück mit stolzen Füßen
Den niedern Erdball, deiner Gluth nicht werth!
um
1800
Mit kühnem Muth, mit kunstgeübtem Streben,
Hoch hast Du Frauenhofer’s Bahn betreten.
Hinaus noch über Sonnen und Planeten
Vermagst Du unsern Blick und Geist zu heben.
Du selber gleichst den seltenen Kometen,
Die, schimmervollen Wunders, sich begeben.
Der Sterne Schaaren, die im Aether schweben,
Sind Deines stäten Ruhmes Glanzpropheten.
Mit Dir sind neue Welten aufgegangen.
Mit Dir, der uns der Sphären Nacht aufklärt,
Kann stolzer wieder Bayerns Sonne prangen.
Wie ganz Europa Deinen Lorber ehrt;
Es hat, was Wenige nach Wunsch erlangen,
Auch Rußlands Kaiser Deinen Ruhm gemehrt!
Johannes Greger Auf
das Hinscheiden meines Kindes
am Schmerzensfreitag, den 21. März 1834
„Sophie, ach, deine Hand, dein Herz ist kalt!
Mein Heiland, heile meine Todeswunde!“
Da trat zu mir ein Engel, glanzumstrahlt,
Mit süßer Stimme voll der Balsamkunde:
„Bin wohl nur fünf der Jahr’ ein halbes alt;
Doch betet’ ich schon oft mit Herz und Munde.
In frommer unschuld Liliengestalt
Entschwebt’ ich zu der Geister Himmelsbunde.
Erworen hab’ ich mir die Seligkeit
Bei meinem Gott auf alle ew’ge Zeit.
Lebt wohl, ihr Aeltern und Geschwisterte,
Bis ich im Himmel euch einst wiederseh’!
Doch werd’ als Schutzgeist ich bei euch stets seyn
Und eures frommen Wandels mich erfreu’n“
um
1800 in den
Händen meines sterbenden Kindes Sophie
O Jesus, welchen Trost macht mir das Sterben!
Dies lehrt auch mich Sophie, die, kaum geboren,
Dich liebend schon als Bräutigam erkoren,
Um nur durch dich den Himmel zu erwerben.
Nein, Kind! der Tod kann nimmer dich verderben,
Und geht nun gleich der Erde Lust verloren;
Der Engel Chor zieht aus des Himmels Thoren
Und grüßet preisend dich als Himmelserben.
Wie drückest du das Kreuz an deine Wangen
Und weihest deinem Jesus deine Küsse,
Und deine Blicke nur an Ihm noch hangen!
Schon kostest du die himmlischen Genüsse,
Und Gottes Herrlichkeit krönt dein Verlangen.
Dein Leben war so schön, dein Tod so süße!
Johannes Greger An
Herrn Bernhard Wesselberger
um
1800
Ein Röslein blüht’ auf Alpen wunderschön
Ganz dornenlos. Sein Lenz war reines Glück.
Des Himmels Lust entschwebte seinem Blick,
Und aller Liebreiz stritt es zu erhö’n.
Drob rief des Todes Neid der Aloen
Goldherrlichste in’s Paradies zurück.
Für Röslein wohl ein himmlisch Huldgeschick!
Doch mir? In heißem Schmerz wollt’ ich vergeh’n.
Ich kämpfte mit dem Tod, so bitterweh.
Umsonst! – Du kamst, ein Bild hinstrahlend mir,
Und ich mein theures Blümlein immer seh’
Bethaut von meiner Liebe Thränengüssen
Vom Alpenröslein nunmehr dort und hier
Voll Lebensblüthen ew’ge Reize sprießen!
Johannes Greger Unter
Thränenweiden
um
1800 zum
Andenken meines im März verstorbenen Kindes Sophie
gedichtet in den Maitagen 1834
1.
Du kamest, Lenz, von Horen tanzumflogen
Ein Freudenbote himmlischer Gefilde,
Bekränzt mit deiner Blumen Goldgebilde,
Begrüßt vom Schall entjauchzter Sangeswogen!
Sieh, neues Grün hat Strauch und Baum umzohen.
Vor deines ersten Veilchens Milde
Entfloh des Winters Zorn, der eisigwilde.
Ein blau Krystall erblinkt des Himmels Bogen.
Von deinem Kuß seh’ ich die Rosen glühen,
Von deinem Hauch die Auen magisch blühen,
Von deinem Blick ersteh’n ein Zauberlicht.
Rings lacht der Wonne Paradies entgegen.
Hoch hüpft, Natur, dein Herz in Freudeschlägen.
Und dennoch, Vaterschmerz, du schweigest nicht!
2.
Ein schön’rer Mai starb Sie noch vor dem Maien,
Die uns mit ihrer Liebe Lenz entzückte.
Ach, nimmer kann die Au, die goldgestickte,
Sie schauen, mir zu süßerem Erfreuen!
Nur auf das Grab kann ich ihr Blumen streuen,
Von Thränen naß, die mir der Schmerz entdrückte,
Ach, auf ihr Grab, das düstre, unbeglückte
Mit diesem Todtenkranz, dem freudescheuen!
Es bebt, ihn niederlegend, mir die Hand.
Ein Wunderröschen, ach, das liebste mir
In meinem Lebenskranze, schlummert hier!
Was ich, ihr Mitgespiel auf Blumenauen,
Einst schöner ihrem Lockengolde wand:
Des Lenzes Lust wird hier zu Todesgrauen!
3.
Schon außen schön, wie schöner malt sich drinnen
Des Himmels wahrer Reiz in allem Prangen!
Dein Bild, von Schönheit überreich behangen,
Ließ deines Herzens Goldabglanz gewinnen.
Dein sanftes Auge, das im Ueberrinnen
Mitleidend perlte fremdem Seelenbangen,
Der Freude Lächelgrübchen auf den Wangen
Quoll tiefer im Gemüthe sanft dir innen.
O heil’ge Unschuld, schönste Zier des Himmels,
Wo find ich ganz und wo so schön dich wieder?
Denn aus dem Flor des blumigen Gewimmels
Sank Sie des Lenzes schönste Knospe nieder,
Gepflegt von Engelshand und ihrer werth,
Und auch von jedem Gifthauch unversehrt!
4.
Wer hielt das schmerzzerrißne Aelternpaar
So mit der Andacht heil’gem Band umschlungen,
In unsrer Mitte knieend hingerungen
Vor Gottes stillverehrtem Hausaltar?
Wer betet jetzt mit uns so fromm und wahr,
So gottbelebt mit hohen Seraphzungen,
So tief nur für des Himmels Wort durchdrungen,
Ein Kind, in allem Thun so wunderbar?
Ein Engel nur kann so die Hände falten,
Ein Engel nur mit dieser Miene flehen,
Daß jedes Herz voll heil’ger Flammen glühe.
So will die Perle sich schon früh gestalten,
Daß sie, ein Heiligthum in Gottes Nähen,
Der Zier geheimnißvollen Schimmer sprühe!
5.
Ja, weine, Mutter, heiß von Schmerz durchglüht!
Nur selten wird in allem Reiz der Horen
Solch himmlisch Perlenkind zur Welt geboren,
Von Blumen jeder Tugend zart umblüht.
Doch bann’ den Schmerz aus Augen und Gemüth!
Sophie, die theure, ging dir nicht verloren.
Voraus nur ging sie, früher auserkoren,
Wohin das bess’re Loos des Lebens zieht.
Hinschwindende im Morgen der Gefühle
Sind wohl die Überglücklichsten gewesen,
Bewahrt vor Mittagshitz’ und Abendkühle.
Und daß in deine Heimath du gekommen,
Konnt’ ich, o Kind, in deinen Zügen lesen:
Hier blüht er nicht, der stille Hain der Frommen!
Johannes Greger An
meinen Sohn
um
1800 Julius
Maria
Du willst, den Kinderjahren kaum entsprossen,
Als Held im alten Hellas dich bewähren,
Willst, um den Vater in dem Sohn zu ehren,
Dich weihen mutherfüllt dem Ziel’, dem großen!
Kein Schmerz hat sich in deine Brust ergossen.
Um freudig einst zu uns zurück zu kehren,
Willst du der Jugendfreuden jetzt entbehren.
Wohl! Gott und Muth sind deine Weggenossen!
Von schöner Pflanzung wird bald Hellas blühen,
Sind treu und thätig Gärtner und Gesellen,
Um Ordnung, Kunst und Weisheit zu erziehen.
Zieh’ hin! Ein fester Grund sind Wasserwellen,
Ist Gott mit dir, und edel dein Bemühen.
Sieh! Morgenlicht wird jede Nacht erhellen!
Johannes Greger Der
wahre Klang und Sang
um
1800 (nach Johannes Neubig)
Ich hör’ im Geiste trost- und zauberreich
Ein Jubelmeer vom Seraphchor entschwimmen,
Mit dem die Welten laut zusammenstimmen
Bald mit des Donners Kraft, bald schwanenweich.
Ich seh’, o goldne Sterne Gottes, euch
Als tausend Welten in des Aethers Krümmen
Um eures Schöpfers Thron nur Andacht flimmen.
Tod, noch erbangen könnt’ ich deinem Streich?
Der Geisterschaaren ehrfurchttiefes Flehen,
Ihr tausendtönig, gottbeseelt Lobsingen:
Nichts Andres kann ich hören, fühlen, sehen.
Laßt mir, o Engel, nur den Wunsch gelingen,
In Sturmton oder sanftem Frühlingswehen
Mein selig Halleluja mitzusingen!
um
1800 (Zu Adolph von Schaden: Der Obelisk in
München)
„So wollen wir des Vaterlandes Tugend ehren!“
Wir seh’n, daß fest und treu es auch der König thut.
Er schrieb’s im Abensberger Feld mit eignem Blut.
Vorbilder, so nur könnt’ ihr Flammenthaten lehren!
Wohl täglich seh’n wir Ihn die Ehre Bayerns mehren.
Doch Leipzig’s großen Wettertag von deutschem Muth,
Ihn schmückt Er als der deutschen Ehre beste Hut.
Triumph! Solch Denkmal hier wird Beiden ewig währen.
Schaut hin auf Rußland, Frankreich und auf Hellas
Auen!
Allüberall erblühte Bayerns Lorberkranz,
Hellglänzend mit des Ruhmes ew’gem Sternenglanz.
Ihr Feinde kennt den Löwen wohl aus seinen Klauen!
Denn wahrlich größer als des Bayern Vaterland
Ist Bayerns Biedertreu’ und Löwenmuth bekannt!
Johannes Greger Plato’s
Schüler der Liebe
um
1800 An
dessen Verfasser Herrn J. Sutner.
Wie einst Petrarka Laura’s Reiz besungen,
So sind die Minnelieder dir gelungen,
Die du für Mira seelenvoll empfunden
Mit Abälardens Schmerz- und Liebeswunden.
Die hellen Flammen deiner Huldigungen
Sind über Zeitliches hinausgedrungen.
Des Erdenlebens schmerzumwebten Stunden
Hat Himmelswonne zart dein Geist verbunden.
Du hast den wunderbaren Regenbogen
Mit sanftem Farbenschmelz zu dir gezogen,
Dir gießend in den Busen Götterfreuden.
Die Lehre Plato’s ist erneu’t erschienen.
Wenn treu wir nur der goldnen Vorschrift dienen,
Dann führen uns zum Himmel süße Leiden!
Johannes Greger An
Herrn J. B. Weigl
um
1800 Dichter
und Genius
D. O Holder sprich! Was glänzt in Freudethränen
So wunderlieb dein himmlisch Auge dir?
Was sinnest du in stiller Wonne hier?
O sprich, und stille meiner Neugier Sehnen!
G. Ich darf des großen Namens nur erwähnen
Und Freudeperlen fließen
dir, wie mir.
Abt Prechtl ist es, Bayerns
stolze Zier.
Sein Ruhm wird noch in
später Zeit ertönen.
D. O wenn die Himmlischen ein Mann entzückt,
Den sie in ihre Heimath uns
entrückt;
Darf ich um Ihn wohl stille
Thränen weinen.
G. Was mich entzückt, es ist nicht Er allein.
In hoher Art, der Wahrheit treu und rein,
Läßt Weigl Ihn mir wieder ganz erscheinen!
Johannes Greger Der
wahre Gott der Liebe
um
1800
Mit ihm, dem losen Flügelgott mit Pfeilen,
Die giftig nur den ew’gen Tod mir bringen,
Verzweiflungsvoll der Glieder Mark durchdringen,
Will ich der Seele höchstes Gut nicht theilen.
Willst du den Gott der Liebe mir besingen,
So zeig’, wie meiner Seele Wunden heilen,
Wie ich der Welt kann kummerlos enteilen
Und in des Lebens Kampf den Sieg erringen!
Wer seinem Feind verzeiht, ihm Gutes thut,
Den Armen hilft, die Unschuld schützt, das Gute
Für Jedermann zu schaffen nimmer ruht;
Der trägt den Liebesgott in seinem Blute.
Ja diesem starken Gott allein vertraue!
Auf Ihn das Wunderschloß der Liebe baue!
Johannes Greger Der
Weber am Stein
um
1800
Du webest Blumen in die Felsenklüfte
Mit frohem Sinn auf wundervolle weise,
Und lohnest so des Städters Alpenreise
Durch Flora’s Farbenschmelz und Ambradüfte.
Du schlingst um dich der Iris Zauberkreise.
Von dir erzählet, wer den Inn beschiffte,
Und Paradiese bau’st du in die Lüfte
Und ärntest rings des Ruhmes hohe Preise.
Dir tönt im Süd der Chor der Alpenlieder.
Gen Westen rauschet dort am Felsenhange
Des lauten Gießbachs traute Silberschlange.
Daß dich ein ganzer Himmel stets umfange,
So legen Genien freudig ihr Gefieder
In deinem selbstgeschaffnen Eden nieder!
um
1800
Nimm hin des Herzens Dank, geliebte Muse,
Für Freuden, herbe Leiden und Geschick!
Sie hoben nach dem Jenseits meinen Blick,
Ihn stärkend mit des Himmels süßem Gruße.
Die Erde gibt mit ihrem falschen Kusse
Des Truges Bild, nur wandelbares Glück.
Doch führt ihr Schmerz zur Tugendbahn zurück
Und schützt vor schmeichlerischem Giftgenusse.
Den Erdball zwingt nur thatenkräft’ger Wille.
Geduld und Arbeit führt zum Palmenziele
Der Ewigkeit in hoffnungsvollen Fernen.
Auf lichter Bahn von Millionen Sternen
Täuscht nie der fromme Glaube die Gefühle,
Und Liebe läßt allmächt’ge Kräfte kernen!
Johannes Greger Nachruf
an meine Sophie
um
1800 am
Allerseelentage 1834
1.
Ach, theures Kind, ich kann dich nicht vergessen!
Wie ich nur ein liebtrautes Plätzchen sehe,
Wo du geweilt in schön’rer Zeit vordessen,
Wird mir das Herz so trüb, so heimlichwehe.
Und wo ich bin und wieder bin und gehe,
So freudenlos wie deine Grabcypressen,
Umschwebt mich nur deines Bildes Nähe,
Und Wehmutthränen mir die Augen nässen.
Bald will es dort vor meinen Augen stehen,
Bald knieend hier an meiner Seite stehen,
Die Händchen fromm zum Vaterunser hebend.
O die liebhold mir stäts im Schooß gesessen,
Das Herz mit heil’ger Freude mir belebend:
Ach, Herrzenskind, ich kann dich nicht vergessen!
2.
Sophie, so früh schon konntest du mir scheiden
In deines Lenzes Morgentraum, dem zarten,
Und als Herzröschen mein den reizgepaarten
Lichtglanz mir deines Morgenpupurs neiden?
Ach, Kind, du Stern all meiner Herzensfreuden,
Süß blinkend in des Lebens trüben Fahrten,
Ach, kennst du auch des Vaterherzens Leiden,
Die bitter mein seit deinem Grabe warten?
Am Morgen, wann die Sternlein scheu verschwinden,
Am Abend, wann sie wieder sich entzünden:
Oft deinen Namen ruf’ ich laut umher,
Und möchte dich nur einmal wieder finden.
Doch Antwort lebt mir keine, keine mehr.
Die ganze Welt um mich ist öd’ und leer!
3.